Bilder und Reiseberichte unserer Russland- und Ukrainereisen

Kaukasus Austausch

Von 7 die auszogen, Russland zu entdecken

Am 16.08. starteten wir zu unseren kleinen Abstecher in die Weiten Russlands, genauer gesagt in die kleine Kaukasusrepublik Adygea, welche im Süden an Georgien grenzt.
Doch schon auf dem Flughafen wurde meine Urlaubsstimmung gedämpft. Mein Zeltteiler Sven konnte wegen seiner Zahnschmerzen nicht mit uns kommen. So waren wir nur noch 7 -und ich hatte nicht mal ein Zelt. Ansonsten war unser buntgemischtes Grüppchen vorwiegend aus Biologen (im speziellen hatten wir Experten für Flechten und Pilze) und anderen in der Naturschutzbranche tätigen zusammengesetzt.

Mit einer kleinen Tupolev der russischen Firma Pulkovo starteten wir pünktlich in Richtung St. Petersburg, wo wir bis zu unserem Weiterflug am nächsten morgen im Transferhotel übernachteten. Natürlich wurde unsere Ankunft erst mal mit Wodka und Bier begossen. –nastorowje- hicks—-Oh, Uhren umstellen, denn in St. Petersburg ist es doch schon 2 h später. Da wir uns alle im Urlaub oder auf Dienstreise befanden, hatte natürlich niemand einen Wecker mit. Und wie sollen wir jetzt pünktlich munter werden???? Unsere Strategie, wer als erster munter ist, weckt alle anderen, hat aber funktioniert und so kamen wir pünktlich am Flughafen Pulkovo II an.
Weiter ging unsere Reise innerhalb von Russland, erst mal 3 h Flug nach Krasnodar und dann nochmals in einem altersschwachen, völlig überfüllten Bus weitere 3 h schwitzen, bis wir endlich Maikop, die Hauptstadt Adygeas, erreichten. Natürlich wollten wir gleich unsere russischen Freunde aufsuchen. Schließlich hatten wir keine Ahnung in welchem Hotel für uns Zimmer gebucht waren. Doch wir mussten feststellen, dass die Wohnungstür verschlossen war. Und was nun???? Gott sei Dank erschien die Nachbarin noch vor Mitternacht von ihrem „Rendezvous“ und schloss uns die gemeinschaftlich genutzte Zwischentür auf. Sogleich flatterte uns die erhoffte Botschaft entgegen. Also charterten wir schnell das nächste Marschrutka (ein kleines Sammeltaxi) und auf ging es zum Hotel Adygea. Wo wir kaum geduscht und „stadtfein“ gemacht, auch gleich noch zu einem mitternächtlichen Willkommensbuffet geladen wurden. (Und die Moral von der Geschicht, es gibt auch Russen, die trinken Wodka nicht- dafür gossen sie uns um so reichlicher ein).
Zum Frühstück stand Restevernichtung auf dem Plan (na wer möchte noch ein lecker Fleischbällchen???) um uns anschließend frisch gestärkt dem Dschungel der Bürokratie zu widmen. Auch hier geht natürlich nichts über Beziehungen an den richtigen Stellen. Aber im zuständigen Amt arbeitete inzwischen ein Bekannter von uns und so waren wir erstaunlicher weise schon innerhalb eines Tages ordnungsgemäß registriert. Den Rest des Nachmittags spazierten wir durch den Park mit seinem betonierten Schwimmbecken. (Komischerweise hatte trotz der Hitze niemand das Bedürfnis, in diesem grünlich schimmernden Nass Abkühlung zu suchen.) Am Abend hatte ich dann noch Besuch von den Parteifreunden der „Antiglobalisierungspartei“, die unbedingt mit mir über finanzielle Ungerechtigkeit, Schulsysteme und Völkervermischung „diskutieren“ wollten. Wusstet ihr eigentlich, dass wir in Deutschland in einem sozialistischen System leben? War mir bis dato auch neu.
Am nächsten Mittag machten wir uns dann auf den Weg in die Berge des Kaukasus. Besser gesagt zu unserem 1. Lagerplatz in dem kleinen Gebirgsdörfchen Mezmai. Unser „Taxi“ war ein ausrangiertes Armeefahrzeug, auf dessen Ladefläche wir unser Gepäck und uns einstapelten. Vollbesetzt mit 5 Russen+7 Deutschen+ Gepäck und Verpflegung für fast 2 Wochen holperten wir über die schlaglochübersäten Straßen. Etwas mehr Sitzfleisch wäre bei den Holzpritschen von Vorteil gewesen und oftmals kam auch das Kommando „Festhalten“, wenn man nicht seinem gegenüber direkt die Arme purzeln wollte. Aber eine Attraktion hatte unser Bergführer Wowa sich schon für die Hinfahrt ausgedacht. Die Besichtigung einer Tropfsteinhöhle. Also, warm anziehen, Taschenlampen bereithalten und ab ging es Untertage. Es war echt phantastisch all die Stalaktiten und Stalagmiten, Kristalle und unterirdischen Seen im Schein der Taschenlampe zu betrachten. Auch wenn wir uns dafür durch enge, schmierige Ritzen quetschen mussten oder auf allen Vieren durch den Matsch krochen.

Nach der Höhlentour lagen noch 10 km Fußweg vor uns. Wir hatten aber wieder mal Glück, denn mit lautem Getöse kündigte sich ein Ural an, der auch gleich bereit war uns mitzunehmen. Und so übten sich einige von uns in der Disziplin „Uralsurfen“. D.h. aus Sicherheitsgründen ist es nicht erlaubt, sich auf die Ladefläche zu setzten, da ernstliche Verletzungsgefahr durch umherliegende Drähte und andere Gerätschaften besteht. Also hinstellen, gut hinter dem Führerhaus festhalten und vorbeiziehenden Ästen und dergleichen ausweichen—buuh war das ne Fahrt. Aber letztendlich erreichten wir wohlbehalten unsere Unterkunft beim ortsansässigen Künstler Skworzew. Ein Kunstschmied und guter „Märchenerzähler“ und so erfuhren wir allerhand über Sitten und Gebräuche der Kosaken, ihre Vaterlandsliebe und Zarentreue.
Die nächsten Tage standen tägliche Wanderungen auf dem Plan. So besichtigten wir die total mit Flechten überwucherten Buchsbaumbestände entlang des Flusses Kurdzihps und machten ebenso einen Ausflug zu den „tscherkessischen“ Obstgärten bei Temnolesskaja. Allerdings waren unsere Touren wirklich keine Spaziergänge. Wir übten uns in Flussüberquerungen über glitschige Steine oder Baumstämme (d.h. nasse Füße waren vorprogrammiert) auch die Disziplin Waldlauf stand auf dem Programm (ein Wunder, dass in diesen Urwäldern die Machete nicht erfunden wurde). Damit auch ich noch mehr auf meine Kosten komme, waren auch noch einige Klettereinlagen zu absolvieren. Die Sicherungen, wenn überhaupt eine vorhanden war, waren sehr moralisch und hätten ihre Funktion wohl nicht mehr erfüllt. Aber wie heißt es so schön: „Was nicht hält, das bremst“.

Am Abend genossen wir dann das gemeinschaftliche Bad im Gebirgsbach. Es war auch notwendig, um den Angstschweiß des Tages abzuspülen. Oh, da fällt mir noch eine amüsante Geschichte zum Thema baden ein.
Bei einer unserer Touren beschlossen wir auch spontan, in den nächsten Bach zu springen. Gesagt getan, dem einzelnen Russen am Flussufer haben wir keine besondere Beachtung geschenkt und sind deshalb gleich ohne Badesachen ins Wasser gehüpft. Nach seiner Rückkehr erklärte uns unser Führer Wowa, dass dieser Mann am Ufer wahrscheinlich ein Mönch gewesen ist, der die Stille und Einsamkeit der Berge gesucht hat und aus religiösen Gründen nur in eine Richtung schauen konnte. Na ja und das war natürlich genau dort wo wir alle nackig gebadet haben. Zur Wiedergutmachung muss er wohl die nächsten Wochen fasten. (Wenn das ein Mönch war bin ich allerdings Nonne.)
Nach 3 Tagen hieß es Abschied nehmen von Mezmai. Endlich, mit einigen Stunden Verspätung erschien unser nächstes Fortbewegungsmittel. Und weiter ging die lustige Fahrt im wahrsten Sinne des Wortes. Ich glaube unser Fahrer wusste auch noch nicht so richtig, worauf er sich eingelassen hatte. Zumindest hatte ich doch öfter arge Bedenken ob wir durch diesen Fluss durchkommen oder doch den nächsten Abhang runterkullern. Aber damit noch nicht genug für diesen Tag. Nachdem uns unser Fahrer mitten in der Nacht ausgesetzt hatte, stand uns nämlich noch eine Nachtwanderung der besonderen Art bevor. Mindestens eine Stunde schweißtreibender Aufstieg durch den kaukasischen „Urwald“. Aber schließlich erreichten wir doch noch alle den nächsten Lagerplatz und da ich kein Zelt mit mir führte, verbrachte ich die Nacht mit unserem russischen Bergführer am Lagerfeuer. Die kommenden Tage waren allerdings etwas regnerisch und so baute uns Wowa aus seiner Plane und Haselnussruten so eine Art Gewächshaus, in dem wir die nächsten Nächte trocken übernachteten.

Wenn es nicht regnete, unternahmen wir die nächsten Tage kurze Touren (nur so zum Training 3-4 Stunden Steinchen springen und durch den Wald robben) und suchten dabei Pilze zum Abendbrot. Sagen wir mal so, die meisten hätte ich wohl eher stehen gelassen. Aber bevor die Pilzchen in der Suppe landeten, befragten wir erst mal unseren Pilzexperten. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, in mykologischer Geschwindigkeit die Pilze rund um unser Lager zu kartieren. Ansonsten beschäftigten wir uns mit Holz sammeln+ sägen, Äpfel „klauen“ und Bachforellen angeln. Das funktioniert wirklich so, wie ich es bisher nur aus Filmen kannte. Man suche sich einen biegsamen Ast, knüpfe Angelsehne mit Haken dran und spieße noch einen Regenwurm drauf. Jetzt braucht man noch ein bisschen Geduld und schon beißen die Fischchen.
Wieder mal hieß es Sachen zusammen packen und aufsteigen. Mit über 20 kg Gepäck auf dem Rücken brauchten wir dann doch 5-6 h eh wir auf 1700 m ankamen. Der „Wettergott“ hatte wohl einen guten Tag und ließ daher den nachmittäglichen Regenschauer ausfallen. Im Regen wären wir die schlammigen Wege wahrscheinlich eher wieder runtergerutscht als nach oben gekraxelt. Aber die Aussicht von unserem Lagerplatz auf der Poljana Knjasheskaja entschädigte für alle Strapazen. Wir hatten eine hervorragende Sicht auf die umliegenden Gipfel und blühenden Bergwiesen. Bei guter Sicht konnte man auch den höchsten Berg des Kaukasus, den Elbrus, erblicken. Abends am Lagerfeuer genossen wir den Sonnenuntergang, beobachteten, wie die Nebelschwaden aus den Tälern aufstiegen und bewunderten den Sternenhimmel.
In diesen Höhenlagen ist Wasser doch langsam Mangelware. Zur nächsten Wasserstelle waren wir über eine ½ h unterwegs, um an Wasser zum Kochen zu kommen, vom Waschen will ich hier mal schweigen. Und so lockte anderentags der Chodz mit seinem eiskalten Wasser. Aber um das kühle Nass zu genießen, mussten wir erst mal wieder etliche 100 m in das Urwaldtal des Chodzkessels absteigen. Unterwegs lernten wir, bei einem Tässchen selbstgepflückten Kräutertees, unsere „Nachbarn“ aus der naheliegenden Höhle kennen. 3 Kunststudenten, die wir dann regelmäßig zum gemeinschaftlichen Abendessen einluden. Zum Dank revanchierten sie sich mit einem selbstgemalten Ölgemälde. Am Lagerfeuer gab es dann viele Geschichten vom Yeti oder auch Schora dem Wilddieb zu hören. Ein alter Bergsteiger, der des Nachts zu unserem Feuer gefunden hatte, wollte uns mit Yetigeschichten, Gruselmärchen und Spielchen unterhalten. Im Schein des Feuers und durch seine Grimmassen, mit denen er versuchte, sich mit uns zu unterhalten, hätte man ihn fast selbst für den Yeti halten können. Wir waren allerdings sehr erstaunt, was er so alles in seinem Rucksack mit sich führte. Für was braucht man eigentlich einen Vorschlaghammer? Ah, zum Bären erschlagen, wirklich ein guter Witz. Uns hat der Bär jedenfalls nicht gefressen, auch wenn wir den Anweisungen, nur laut singend hinter dem nächsten Baum zu verschwinden, nicht nachkamen.
Der geplante Aufstieg auf den Großen Tratsch (2365 m) wurde uns am kommenden Tag vereitelt. Nebelschwaden versperrten jegliche Sicht und wir blieben, in der Hoffnung auf Wetterbesserung, im Lager.
Am kommenden Morgen erwartete uns dann auch wirklich ein strahlend blauer Himmel und Sonnenschein. Also, schnell raus aus dem Schlafsack, Käffchen trinken und los, denn bis zum Mittag sollte man den Gipfel erreicht haben, damit ausreichend Zeit für den Abstieg bleibt. Unterwegs konnten wir unsere Fähigkeiten als Hanghühner unter Beweis stellen und das ging nicht nur auf das Material, sondern auch ganz schön auf die Knochen. So war eine längere Pause, bei der wir wie tot ins Gras fielen, notwendig. Und schon sahen wir die Geier über uns kreisen. Nach ca. 8 Stunden schlugen wir völlig fertig im Lager ein.

Am nächsten Morgen packten wir wieder mal unsere Rucksäcke zusammen und machten uns an den Abstieg. Damit es nicht langweilig wird, hatten wir uns für eine andere Route entschieden. Allerdings hatte es beim letzten Hochwasser einen Grossteil unseres Weges weggespült und so waren wieder einige Gratwanderungen kurz über dem Abgrund notwendig. So langsam hieß es nun Abschied nehmen von der Wildnis und so genossen wir noch mal die Ruhe an unserem letzten Lagerplatz. Hier konnten wir noch mal nach Herzenslust im Wasser planschen und das in einer Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Hier war das Wasser nicht nur angenehm temperiert, sondern es waren auch „Whirlpool“ und Planschbecken vorhanden, stellenweise war auch Schwimmen möglich – was für ein Luxus. Gern wären wir dort noch einige Tage geblieben, aber in der Zivilisation wurden wir schon wieder erwartet. So war nur noch ein bisschen Zeit für einen kleinen Rundgang durch das Bergdörfchen Sachrai. Hier hatte man wirklich das Gefühl, einige hundert Jahre in die Vergangenheit gereist zu sein. Dorthin, wo die Welt noch in Ordnung scheint und Kühe + Schweine noch sorglos durch das Dorf marschieren. Leider kamen wir an einem Sonntag in Sachrai an und natürlich hatte der einzige Laden im Ort geschlossen. Wir hatten uns alle auf ein Eis gefreut, was uns die Verlierer der Rommé-Partien ausgeben wollten. Enttäuscht teilten wir uns eine der letzten Tafeln Rittersport .(Ich kann es nicht mehr sehen, denn insgesamt hatten wir 65 Tafeln aller Geschmacksrichtungen mit. Zum Favoriten kürten wir Rum-Traube-Nuss.)

Zu unserem Erstaunen ließ auch unser „Taxi“ nicht lange auf sich warten und so ging es zurück nach Maikop. Der 1.9. ist hier nach wie vor Schulanfang, nicht nur für die Schüler, sondern auch für die Studenten. Wir statteten der Uni in Maikop einen Besuch ab. Auch der erhoffte Vertrag für die wissenschaftliche Zusammenarbeit des Naturkundemuseums Görlitz mit dem Naturwissenschaftlichen Fachbereich der Universität kam erfolgreich zum Abschluss.
Nach einer durchgetanzten Nacht zwängten wir uns am nächsten Morgen in den Kleintransporter zum Flughafen in Krasnodar. Für 9 Personen war das Fahrzeug doch etwas eng und stundenlang bei Lars auf dem Schoss zu sitzen war auch nicht unbedingt bequem (Na ja, nach ner Stunde sind ihm dann wohl auch die Beine eingeschlafen). Nach einem kleinen Stadtbummel machten wir uns per Bus wieder auf den Weg Richtung Flughafen. Aber mitten auf der Strecke gab der Bus seinen Geist auf und wir mussten uns ein anderes Fortbewegungs-mittel suchen. Aber immerhin den Fahrtpreis bekam jeder zurück. Nun hofften wir ohne Probleme in das Flugzeug nach St. Petersburg zu kommen. Aber weit gefehlt, natürlich fiel es auf, das irgendwo unsere Tickets falsch abgerissen wurden. Also musste unser russisch sprechender „Gruppenleiter“ doch noch die Pulkovo-Vertretung davon überzeugen, dass wir mitfliegen konnten. Nach einer längeren Wartezeit kam er freudestrahlend wieder und wir verließen Krasnodar bei ca. 35 °C und landeten 3 h später bei 10 °C in St. Petersburg.

Solche Temperaturen waren wir dann doch nicht gewöhnt und so waren wir froh, als wir im Transferhotel wenigstens einen heißen Tee trinken konnten. Alles andere hatten sie eh nicht, wie uns anderentags die mürrische Bedienung mitteilte.(In Russland ist der Kunde eben nicht König.) Schließlich blieb uns noch 1 Tag, um St. Petersburg unsicher zu machen. Wirklich eine großartige Stadt, der ich auf alle Fälle noch einen Besuch abstatten muss. Am nächsten Morgen startete unser Flugzeug trotz der dicken Nebelsuppe mit 1 h Verspätung von St. Petersburg nach Berlin. Flugzeit 5 min- die Zeitverschiebung macht das möglich. Unser Begrüßungskommando erwartete uns schon…

Jugendbegegnung in Adygeja

Jugendbegegnung in Deutschland